Mongolei

Weitere Enwicklungsziele in Tunkhel

Bei verschiedenen Besprechungen zwischen 1. und 3. Juni 2016 wurde mit Bagh-Gouverneur S. Radnaabazar vereinbart, daß im Laufe des Sommers gemeinsam das Konzept einer umfassenden Gemeindeentwicklung erstellt werden soll, dazu auch eine Prioritätenreihung möglicher Maßnahmen. Frau Ariuna, derzeit Abg. zum Gemeinderat ("Bagh Khural") Tunkhel, ist bereit, als Verantwortliche für ein solches Projekt zu fungieren; sie soll dabei vom Finanzreferenten des Baghs Tunkhel unterstützt werden.

Die administrative Gliederung der Mongolei sieht auf allen Ebenen territorial große Einheiten vor; so entsprechen die Aimags (Regierungsprovinzen) flächenmäßig im Mittel der Größe Österreichs, die Soums (Verwaltungsbezirke) etwa halben österreichischen Bundesländern, die kleinste Einheit - Baghs oder Gemeinden - unseren Politischen oder Gerichtsbezirken. Bei der gegebenen finanziellen Ausstattung der Kommunen ergeben sich allein schon aus den Entfernungen zusammen mit der dünnen Besiedlung der Regionen oft kaum oder nicht lösbare Aufgaben. Die Gesamtbevölkerung des Baghs Tunkhel beträgt knapp 4.100 Personen (2015; der Bürgermeister gibt die Zahl mit 3.200 an); davon wohnen im Hauptort an die 120 Familien mit etwa 400 Personen, die übrigen leben in einem mehrere 100 km² großen Areal verstreut. Weiters ist die demographische Entwicklung durch eine enorme Abwanderung junger Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet, sodaß eine zunehmende Überalterung der ortsansässig bleibenden Gesellschaft unvermeidlich ist. Daraus wiederum resultiert eine sehr begrenzte Kaufkraft am Ort; in Tunkhel beträgt die niedrigste Rente 220.000, die höchste 700.000 Tugrik pro Monat (d.s. 88 bzw. 280 Euro).

Mongolei
Ehemaliges Gemeindezentrum, heute Gemischtwarenladen - zVg Dr. Franz Greif
 

Als (negatives) Hauptmerkmal des Ortsentwicklungsstandes gilt - wie in wohl den meisten vergleichbaren Siedlungen der Mongolei - die miserable Infrastruktur. Unbefestigte Straßen, bis auf rudimentäre Ansätze keine Leitungsinfrastruktur, auf allen bewohnten Parzellen unbefestigte Abtritte und Latrinen über Jauchegruben im Erdreich oder im Schwemmschotter, weiters frei verlegte und häufig schlecht gesicherte Stromleitungen sind Standard; eine von Lkws befahrene Holzbrücke, die nach unseren Vorschriften niemals für den Verkehr freigegeben würde, führt über den Fluß Kharaa. Dementsprechend soll die kommunale Entwicklung vorrangig in Richtung Siedlungs- und Infrastrukturverbesserung gehen und damit auch die Möglichkeiten der Arbeitsplatzbeschaffung ausgeschöpft werden.

Die wirtschaftliche Situation wird bestimmt durch Betriebe des Forstsektors und der angeschlossenen Holzverarbeitung, die zentralörtliche Funktion durch das Gemeindezentrum, eine relativ große Schule, einen Kindergarten, die schon beschriebenen medizinischen Einrichtungen und eine Reihe von kleineren Geschäften und Hilfsdiensten. Die Beschäftigungssituation ergibt sich aus Gemeindeeinrichtungen und -betrieben mit zusammen 120 Angestellten, durch den Forst- und Holzsektor mit rund 100 Arbeitskräften sowie durch die nomadischen Wirtschaften von etwa 350 Familien; die Zahl der in der Weidewirtschaft Tätigen wird wohl das Zwei- bis Dreifache ausmachen, wenn auch hauptsächlich als Selbstversorger. Die vorhandenen Kühe geben von 15.6. bis 15.11. 300 l Milch (je Kuh), wovon ein Teil in der im Ort vorhandenen Molkerei und Kleinkäserei zu Joghurt und Hartkäse (bester Qualität) verarbeitet wird.

Die Erzeugnisse werden überwiegend nach Ulaanbaatar geliefert, was einer kleinen Zahl von Unternehmern Einnahmen bringt. In den letzten Jahren ist aber speziell die Forst- und Holzwirtschaft in die Krise gekommen; so erzielte beispielsweise eines der bestehenden Sägewerke (das des B. Turtogtokh bzw. der DaBaat-Khuder LLC.) im Jahr 2015 um 340 Mill. Tugrik (d.s. 37%) weniger Umsatz als im Jahr davor. Immerhin sind aber die in den letzten 15 Jahren das zentrale Ortsbild prägenden Sägemehlberge aus der Holzverarbeitung weitgehend abgebaut, zu Briketts gepreßt und verkauft.

Betriebsentwicklungen und wenn möglich Betriebsvergrößerungen wäre also vordringlich anzustreben. Entwicklungschancen sehen die Gemeindeverantwortlichen derzeit etwa in der hierorts möglichen Kartoffelproduktion (nach der Seehöhe ein "Kartoffel-Gesundungsgebiet") mit angeschlossener Verarbeitung. Überhaupt sollte wirtschaftlich viel mehr als bisher auf agrarische Innovationen gesetzt werden, So ist an dafür geeigneten Grünlandstandorten unbedingt eine Verbesserung der Futterwirtschaft anzustreben, denn nur eine ausreichende Winterfuttererzeugung vermag diesen Agrarsektor auf ein wirtschaftlich sinnvolles Niveau zu heben. Nicht zuletzt aber sind im Bagh Tunkhel seit geraumer Zeit auch bergwirtschaftliche Aktivitäten im Gange, die ebenfalls als Teil der künftigen Orts- und Regionalentwicklung anzusehen sind; nähere Informationen darüber liegen jedoch einstweilen nicht vor.

Mit Sicherheit ist ein in Ansätzen schon bestehender "naturnaher Tourismus" (Jagd, Reiten, Reisen mit Zelt, motorisierte Abenteuer) in der attraktiven landschaftlichen Umgebung von Tunkhel ausbaufähig. Ziel der Gemeinde scheint auch die Entwicklung eines Gesundheitstourismus zu sein. Und jedenfalls besonders wichtig wäre die Förderung aller Arten von Beschäftigung, die absetzbare Produkte hervorbringt, Erzeugung von Holzwaren aller Art, Textilprodukten etc., sei es in kleinem Maßstab oder in Heimarbeit, was vielen Leuten am Existenzminimum helfen könnte, ihre Lebensbedingungen wenigsten in bescheidenem Umfang zu verbessern.

Ein entscheidender Beitrag muß auch in der allseitigen Verbesserung der Umweltverhältnisse in und um Tunkhel erkannt werden, sei es in der Qualität der Luft, der Wasserressourcen, im Zustand der Böden, oder in der Verfolgung eines entsprechenden Nachhaltigkeitsprinzips bei der Nutzung von Wirtschaftsgütern und Ressourcen. Die Mongolei verzeichnet z.B. in den letzten Jahren eine ungeheure Steigerung der Viehzahlen (man berichtet von derzeit über 60 Millionen Tieren!), was einerseits schlicht und einfach enorme Verluste bei einem Extremwinter vorbereitet, anderseits aber den bestehenden Möglichkeiten einer wirtschaftlich sinnvollen Leistungssteigerung mit wesentlich weniger Tieren diametral entgegensteht.

Weitere Informationen

Ansprechpartner

Dr. Franz Greif, franz.greif@nishtha.at